Symbiose in Paarbeziehungen
Am letzten Wochenende untersuchte ich in einer Gruppe eine Paarbeziehung. Beide sind schon seit zwei Jahren im therapeutischen Prozess der systemischen Selbst-Integration. Es wurde deutlich,! dass si e - da beide erheblich traumatisiert - eine sehr symbiotische Beziehung hatten. Jeder hatte für den anderen das vertreten, was ihm fehlte: einen Elternteil, einen verlorenen Zwilling, aber auch das erwachsene Selbst! Und es wurde klar, dass beide beteiligt waren. Der eine projizierte auf den anderen das, was ihm fehlte und der andere stellte sich für diese Projektion zu Verfügung, identifizierte sich mit dem, was fehlte. Eindrucksvoll war, wie ehrlich und offen beide die Projektionen zurücknehmen konnten. Das war nicht leicht, und die Frau fragte einmal: ja was bleibt den dann zwischen uns? Aber sie hatte auch den Mut, vor dr Gruppe ihre Wutausbrüche anzusprechen. Mit jedem Schritt nahm die Würde und die Achtung für den Anderen zu. Am Schluß hatten beide den Eindruck, den anderen ganz neu zu sehen.
Besonders berührend: sie hatte zu Beginn der Beziehung ein Kind abgetrieben, es hätte in dieser Beziehung noch keinen guten Platz gehabt. Sie hatte das alleine entschieden, um ihn nicht unter Druck zu setzen. Nun konnten beide dies erste „kleine Wesen", was zu ihnen unterwegs war, und für das noch kein Platz war, gemeinsam verabschieden. Die Achtung und die Liebe wurde deutlich, zu diesem Kind, aber auch zwischen den beiden.
Die ganze Gruppe war tief berührt.
Mir wurde deutlich, dass der „Symbiosemodus" traumatisierten Menschen, die noch nicht im „Autonomie-Modus" sind, eine Beziehung ermöglicht, die dann natürlich symbiotisch geprägt ist - mit den Aspekten Verlust der Achtung für einander, Unterdrückung eigener Impulse etc. Aber immerhin ermöglicht das ein „Überleben", bis vielleicht beide mehr Autonomie entwickeln und dann auch ihre Beziehung anders, autonomer leben können. (Ero Langlotz: Newsletter Dezember 2012 II)