Panische Angst vor enger Bindung
Panische Angst vor enger Bindung
Gerda, eine etwa 30-jährige Frau berichtet über ein merkwürdiges Phänomen. In ihrem Freundeskreis gibt es gerade einige, die sich verloben, die heiraten. Und wenn sie daran denkt, dass sie sich auch einmal binden würde - da bekommt sie panische! Än gste.
Ich frage sie, ob es in der Familie jemand gab, der durch eine Bindung grosses Unglück erlebt hat, und spontan fällt ihr ihre Oma ein, die Mutter ihrer Mutter. Die hat sehr früh ihren Mann im Krieg verloren und hat ihr ganzes Leben lang darunter gelitten. Allerdings ist diese Oma 12 Jahre vor ihrer Geburt gestorben. Sie hat auch die andere Oma nicht mehr kennen gelernt - dabei hat sie sich so nach einer Oma gesehnt.
Sollte sie mit der Oma mütterlicherseits identifiziert sein?
Sie stellt auf und tatsächlich: ihr kindliches Selbst ist ganz nahe bei dieser Oma, sie selbst steht in 2 Meter Entfernung, und ihr erwachsenes Selbst noch einmal 3 Meter entfernt von ihr.
Bei der Überprüfung zeigt sich, dass sie sich sowohl am Platz der Oma, aber auch am Platz des früh gestorbenen Opas „auskennt". Es gelingt ihr, das auf die übliche weise zu lösen und sich mit ihrem erwachsenen Selbst zu verbinden, das sich vertrauensvoll auf eine Bindung einlassen kann.
Kommentar: Das ist ein eindrucksvolles Beispiel für das gar nicht so seltene Phänomen, das jemand mit dem tragischen Schicksal eines schon lange verstorbenen Familienmitglieds „identifiziert" ist, das heisst, dessen Gefühle oder Elemente dessen Schicksals unbewusst übernommen hat, so als seien es die eigenen. Wenn der Zusammenhang mit diesem fremden Schicksal deutlich wird, dann lässt sich das lösen. (Ero Langlotz, Newsletter April 2014)