Auf dem Boot des kleinen August
Christina ca. 45 Jahre, kommt wegen ihrer Tochter Auguste, 21 Jahre, die wegen Depressionen in stationärer B! ehandlun g ist.
Christina hat selber vor 15 Jahren einen Hirntumor gehabt, den sie überlebte, allerdings mit Einschränkung ihres Sehvermögens.
Im Vorgespräch erzählt sie von Vaters Lieblingsneffen August. In einer sehr belasteten Familie war er der Sonnenschein, immer fröhlich. Er starb mit 2 Jahren an einem Hirntumor.
Bei der Aufstellung stellte sich heraus, dass sie sich im Raum des kleinen August befand. Offenbar hatte sie dessen Thema Hirntumor übernommen. Es fiel ihr nicht leicht, aus dessen Raum aus zu steigen und ihm sein Thema zurück zu geben, um sich mit der freien Christina zu verbinden, die sich vollständig fühlt auch ohne August - und ohne Hirntumor.
In der gleichen Sitzung überprüften wir ihre Beziehung zu Auguste. Sie war auf deren Boot, vertrat für sie deren Selbst. Wieder gegen inneren Widerstand konnte sie sich entscheiden, aus Augustes Boot auszusteigen, sich mit ihrem Selbst zu verbinden.
Sie wurde sich klar, dass sie ihrer Tochter einiges zugemutet hatte, in dem sie sie nach dem kleinen Cousin benannte.
Diese Zumutung - die sie nicht mehr rückgängig oder wieder gut machen konnte - liess sie bei Auguste. „Es gehört jetzt zu deinem Schicksal, es ist deine Herausforderung, an der du wachsen oder zerbrechen kannst"!
Das ist für eine Mutter das Schwerste! Aber es gibt dem Kind die grösste Kraft.
Meine Vermutung: Möglicherweise hatte in ihrer Kindheit das Schicksal von August mehr Aufmerksamkeit als die kleine Christina. Vielleicht war sie deshalb an den Platz des kleinen August gerat! en, auf dessen „Totenschiff". Und ihre Tochter Auguste hatte sie durch die Namensgebung ebenfalls auf dies Totenschiff eingeladen.
Vor 10 Jahren hatte sie schon einmal in einer Aufstellung „nach Hellinger" die Beziehung zwischen dem kleinen August und ihrer Tochter Auguste aufgestellt. Die beiden Repräsentanten fielen sich in die Arme. Die Gruppe war gerührt über soviel Liebe.
Sie konnte nicht sehen, dass das nur die Bestätigung für die symbiotische Identifikation war, aber noch nicht deren Lösung.
Symbiotische Verschmelzung wird von manchen Aufstellern „nach Hellinger" für Liebe gehalten. Und durch Sätze wie: „ich gebe dir einen Platz in meinem Herzen!" noch verstärkt. Ein fataler Irrtum. (Ero Langlotz: Newsletter Februar 2013 III)