Selbst: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 28. September 2014, 01:22 Uhr
„Illusion eines Selbst" - ein Missverständnis?
Westliche - und östliche - spiri! tuelle L ehrer beschreiben den Weg zur Erleuchtung, zur Erfahrung des „Ungetrenntseins" mit dem Ganzen als Überwindung des Selbst. So als sei das Selbst nur eine Illusion. Das erscheint mir vom Standpunkt der „systemischen Selbst-Integration" aus höchst problematisch. (Siehe auch „Das Selbst und der Ochse" auf meiner Homepage, Texte, Anmerkungen ...)
Klienten mit Symbiosemuster - speziell diejenigen unter ihnen, die einen Zwilling verloren haben, suchen oft Heilung ihres symbiotischen Leids und erstreben Klärung ihrer Verwirrung durch Spirituelle Übungen. Vielleicht (miss)verstehen sie das Fehlen eines „Selbst" und des damit verbundenen (gesunden) Egoismus bereits als Überwindung des Selbst? Vielleicht halten sie ihre fehlende - unterdrückte - Aggression bereits für bedingungslose Liebe und ihr unabgegrenztes Mitleiden bereits für Mitgefühl? Machen sie aus ihrer Not eine Tugend? Verwechseln sie ihre eigene symbiotische Unabgegrenztheit mit dem spirituellen Phänomen des Ungetrenntseins, mit einer Vorform von „Erleuchtung"?
Ich beobachte immer wieder bei meinen Klienten: Spirituelle Übungen der „Überwindung des Selbst", welche die Grenzen auflösen, das Unterdrücken „negativer Gefühle" wie Wut und Hass verstärken, können für die Betreffenden gefährlich werden. Besonders traumatisierte - und dadurch symbiotische - Klienten können dadurch sogar in eine suizidale oder psychotische Krise geraten. Birgt also der spirituelle Weg das Risiko einer Entgleisung in eine psychiatrische Erkrankung, oder handelt es sich hier um ein Missverständnis?
Daher befragte ich zu diesem Thema Frau Ulli Olvedi, eine praktizierende Buddhistin. Sie antwortete mir:
Das Problem mit der Übersetzung buddhistischer Aussagen aus! dem San skrit oder Tibetisch ist riesig - die verwendeten Begriffe westlicher Sprachen transportieren nicht die tatsächlichen Inhalte. Mein tibetischer Meister, der verstorbene Tarab Tulku, empfahl, den Prozess, den Sie ansprechen, mit der Formulierung "vom falschen Selbst zum authentischen Selbst" deutlich zu machen. So habe ich es auch in meinem Buch "Die Energien des Lebens und des Sterbens", das sich auf Tarab Tulkus Darlegungen stützt, ausgedrückt. (Uli Olvedi, 2013, O.W.Barth) Leider existiert Tarab Tulkus Werk bis dato nur in tibetischer Sprache. Das von ihm in englischer Sprache gelehrte Material wird nur im Rahmen der "Unity in Duality"-Seminare und -Ausbildung von einigen seiner Schüler weitergegeben.
Die hier beschriebene Unterscheidung von „falschem" und „authentischen" Selbst entspricht exakt dem Verständnis der systemischen Selbst-Integration. Diese Form des tibetischen Buddhismus unterstützt - wie die systemische Selbstintegration - die Autonomie-Entwicklung und ist daher für die seelische Gesundheit ungefährlich. Fazit für mich: Spirituelle Wege, die diese begriffliche Unterscheidung zwischen „falschem" und „authentischem" Selbst vernachlässigen, und weiterhin pauschal das Selbst als „Illusion" bezeichnen, die überwunden werden muss, können für Klienten mit Symbiosethema gefährlich werden.
(Ero Langlotz, Newsletter Juni 2014 III)